Die derzeit von Moskau und Peking propagierte „Freundschaft ohne Grenzen“ verstellt mitunter den Blick auf die wechselvollen Beziehungen zwischen China und Russland. Das Hauptseminar gibt einen diplomatiegeschichtlichen Überblick über die zentralen Stationen der bilateralen Beziehungen von den frühen Kontakten im 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Obschon politische Fragestellungen im Zentrum stehen, werden wir auch ökonomische, gesellschaftliche und kulturelle Probleme diskutieren.
Mittels dreier regionaler Sonden – der Ukraine im Westen, Zentralasien im Süden und Sibirien im Osten – zeichnet das Oberseminar die Formierung des multiethnischen Charakters der UdSSR von der Konstruktion „roter Nationen“ über Stalins Terror bis hin zur Perestrojka und nachsowjetischen Zeit nach. Wir analysieren, wie und warum die Bolschewiki ethnische Unterschiede im sowjetischen Fundament zementierten und wie Minderheiten die Vor- und Nachteile der Nationalitätenpolitik innerhalb der Sowjetunion erlebten, welche Arrangements sie mit der sowjetischen Ordnung lokal und im Alltag eingingen und welche Widerstände es gab. Das Oberseminar vermittelt somit auch den historischen Kontext, der notwendig ist, um die Beziehungen und Konflikte des heutigen Russlands mit seinen postsowjetischen Nachbarn und der Welt darüber hinaus zu verstehen. Ein praxisbezogenes Element ergänzt die vertiefte Auseinandersetzung mit Fragen von Imperium und Ethnizität im sowjetischen Kontext: die gemeinsame Erstellung eines Blogpostreihe zum Thema des Seminars.
Seit Beginn der russischen Aggression gegen die Ukraine 2014 instrumentalisiert der Kreml Geschichte als politische Waffe, um seine Aggression gegen die Ukraine zu legitimieren. Für die Ukraine wiederum fügt sich der Angriff in eine lange Geschichte russischer Repressionen ein. Schon im Russischen Reich wurde die ukrainische Kultur und Sprache unterdrückt. In der Sowjetunion folgten politische Repressionen und die als „Holodomor“ bekannt gewordene Hungersnot. Diese Erfahrungen prägen das kollektive Gedächtnis der Ukraine bis in die heutige Zeit. Die Übung führt in die Geschichte der Ukraine ein und geht der Frage nach, wie das Konzept der modernen Ukraine im Kontext seiner multikulturellen Bevölkerung entstand und wie es sich im Wettbewerb mit anderen nationalen und imperialen Projekten entwickelte.
Im Rahmen des Forschungskolloquiums werden aktuelle Beiträge zur Geschichte Osteuropas präsentiert und diskutiert. Dabei stehen laufende Arbeiten (Forschungsprojekte, Bachelor- und Masterarbeiten) aus dem Umfeld der Bochumer Osteuropastudien ebenso im Zentrum wie Präsentationen von auswärtigen Gästen. Das Kolloquium bildet so ein Forum für den interaktiven Ideen- und Gedankenaustausch. Die Veranstaltung ist offen für Studierende aller Studiengänge aber auch für all jene in Bochum, die an aktuellen Fachdebatten zur Geschichte Osteuropas interessiert sind.